Der verlorene Gral des Webseitengestaltung
2009-01-20 | ArtikelDie Webseitengestaltung 2.0 hat wie alle Tendenzen ihren eigenen Stil. Und den erkennt man auf den ersten Blick: Logos mit Reflexen, grosse Schaltflächen, noch grössere Titelzeilen und aufdringliche Farben.
Hinter all diesem Feuerwerk lassen sich Ausprägungen erkennen, die in der Tat eine Evolution in der Gestaltung von Webseiten darstellen, wobei ich bewusst ‘Evolution’ sage, da es um eine Verbesserung geht, welche die kommenden V 3.0, 4.0 und alle folgenden zweifellos überleben wird, Sie wissen schon, was ich meine.
Der verlorene Gral, den wir gefunden haben, heisst kommunikative Gestaltung.
Der Inhalt steht vor der Gestaltung
Die Webs 2.0 haben die Dinge erheblich vereinfacht, verfolgen ein genau festgelegtes Ziel und konzentrieren alle Bemühungen bei der Gestaltung darauf, diese gemeinsam mit dem Benutzer zu erreichen. Damit dies möglich ist, haben sie den Schwerpunkt darauf gelegt, die Dinge klar verständlich und einfach zu gestalten, und wenn es um die GESTALTUNG geht, dann sind das starke Worte.
Aber auch so und unter dem Strich liegt der Schlüssel nicht in dem Was sondern in dem Wann: zum richtigen Zeitpunkt der Gestaltung. Bei diesen Webs ist es ENTSCHEIDEND erst zu denken und dann zu handeln, die Aufgaben klar abgegrenzt UND DIE TEXTE dazu vorliegen zu haben. Und das alles unter allen Umständen im VORFELD zu den Betrachtungen zu dem Aussehen, das die Sache erhalten werden soll.
Bedauerlicherweise wird in der Mehrzahl der Fälle nicht so gearbeitet. Um ‚voran zu kommen’ fehlen den Gestaltern häufig noch Teile des Textes des Inhalts zum Zeitpunkt der Beginn der Arbeiten, wahrscheinlich weil der Kunde ihn noch nicht hat fertigstellen können, so dass man sich mehr auf die ästhetischen Aspekte als auf die Bedeutung konzentrieren muss. Das ist normal, denn wer den Inhalt nicht kennt kann nicht viel mehr tun als ihn sich vorstellen.
Dann ist es häufig so, dass die Texte, wenn sie kommen, nicht geprüft worden sind, vor Allem, weil man ihnen gar nicht erste die Bedeutung beimisst. Tatsache ist, dass es überhaupt nur wenige Kunden für erforderlich halten, dieselben in die Kosten ihrer Webseite mit einzubeziehen.
So kommt es dann, dass weder der eine noch der andere das Thema erwähnt,...und der Hof bleibt ungefegt.
Wir müssen die alten überlieferten Denkweisen hinter uns lassen, nach denen die Seiten wie Schränke zu strukturieren sind, in die wir später die Texte einhängen.
Konzentrieren Sie sich vielmehr darauf, was Sie mit Ihrer Message erreichen wollen, anschliessend auf den Inhalt und zum Abschluss geben Sie dem Ganzen dann eine visuelle Form, aber tun Sie das UM GOTTES WILLEN IN DIESER REIHENFOLGE!
Nicht dekorieren sondern kommunizieren
Gestalterfirmen für Webseiten sind eigentlich Firmen, deren Produkt die kommunikative Gestaltung ist. Der feine Unterschied ist in diesem Fall abgrundtief, und unsere Kunden müssen das wissen, und wir müssen es ihnen ins Gedächtnis rufen.
Allzu häufig kommt es vor, dass sowohl der Lieferant als auch der Kunde grosse Mengen Zeit und Aufwand mit Diskussionen über den „Seitenaufbau“ (die Ästhetik) verlieren und dabei vollkommen den Inhalt aus den Augen lassen bzw. diesen an zweiter Stelle unterordnen.
Das Ergebnis daraus ist dann eine ‘tolle’ Webseite mit viel zu viel Flash, einer verbesserungs-bedürftigen Usability und unter dem Strich, last und least: UNNÜTZ und reichlich langweilig.
Wie heisst es doch so schön: “Alle Wege sind zielführend für den, der nicht weiss, wo er hin will”. Und täglich kommen mehr Entwicklungsfirmen hinzu, welche die Kostenanschläge für die Website wie das Ticket beim Aldi ausstellen: 12 Seiten, plus ein Vordruck, plus ein Enter, macht alles zusammen …
Im Endeffekt ergibt das dann Erbsensuppe wo der Kunde doch eigentlich eine Roulade bestellt hatte. Obendrein gibt es dann auch gar keinen Schuldigen, denn ein Rezept ist nirgens zu finden, wenn es überhaupt eins gegeben hat.
Gestaltung ohne Inhalt ist gar nichts
Firmen müssen kommunizieren wie gut sie sind, und später dann müssen sie noch besser sein. Das ist logisch und absolut natürlich, wir tun dies auch beim anderen Geschlecht, und wir machen das, um neue Kunden zu werben.
Wenn unser Name Larry Page ist und wir eine Konferenz im Trainingsanzug geben, dann denken sicher alle Leute, das ist Bestandteil unseres Genies und hören uns aufmerksam zu.
Wenn Sie und ich das tun, dann hält man uns schlicht für blöd, im besten Fall entgeistert. Das ist zwar nicht gerecht, aber wer hat gesagt die Welt ist gerecht? Hier liegt der Unterschied zwischen einfach SAGEN und KOMMUNIZIEREN: Um wirksam zu kommunizieren ist die Aufmachung von ziemlicher Bedeutung.
Aber vergessen wir nicht das Wesentliche: Eine wunderschöne Webseite mit einem mittelmässigen Text ist wie ein Gemälde: Es hat nur Wert, wenn Mariscal oder Picasso darunter steht.
Alle können wir summieren, multiplizieren und schreiben, aber deswegen halten wir uns noch lange nicht für Mathematiker oder Schriftsteller.
Fangen wir also damit an, Unterschiede da zu erkennen, wo es sie gibt, und dem Inhalt die Bedeutung zuzumessen, die er verdient.